«Pausen sind auch Musik»
Es gibt in den Feldenkrais-Stunden den verankerten Brauch, zwischendurch nichts weiter zu tun als den Gedankenwegen Raum zu lassen.
Nach einer Bewegungssequenz folgt wie beim Verdauen nach einem guten Essen eine Pause.
In längeren Pausen gibt es mehr Zeit fürs Verdauen. Da können wir warten was passiert und neugierig darauf werden was jetzt in unseren Alltag einfliesst.
Ich nehme gerne das vielzitierte Bonmot aus der Welt der Musik: «Pausen sind auch Musik».
Die Pause spricht da den Moment an, wo (scheinbar) nichts passiert, wo die Musik still ist, wo das eigene Tun ruht. Es gibt kürzere, kleinere Pausen, um kurz Atem zu holen und dann gibt es
grössere und längere Pausen zum Erfrischen der Gedanken.
Nach der Pause wird weitermusiziert, mit frischem Geist und anderen Ideen. Das Musizieren hat sich erholen können und findet nun neue Wege.
Die «Feldenkrais-Labor-Arbeit» im sicheren Kontakt mit dem Untergrund dient uns zum Forschen, zum Erkunden und auch dazu, den Kontakt zu uns selbst immer wieder von anderer Seite her zu
beleuchten.
Danach folgt die Kunst, dieses Tun «im stillen Kämmerlein» in den Alltag zu übertragen.
Und das ist wirklich eine grosse Kunst!
Wie schaffen wir das? Was kann uns dabei helfen?
Ich selbst finde immer wieder, dass dafür Fragen «Brückenbauer» sein können; sie helfen mir beim Übertragen des Gelernten in den Alltag.
Die erste wichtige Frage ist die, welche Fragen dafür geeignet sind, einen Prozess in Gang zu bringen?
Es sind eher die offenen Fragen, diejenigen, welche nicht mit «Ja» oder «Nein» beantwortet werden.
Für mich selbst ist diese Erkenntnis im Verlauf der Zeit immer wichtiger geworden. Ich lerne nach und nach immer besser zu warten bis sich ein Wort, ein Ausspruch, eine Vorstellung oder ein
Gefühl zeigt, das ich weiterverfolgen kann.
Und das passiert freier, grösser und umfassender in einer längeren Pausen-Zeit, wo ich die gewohnten Bahnen verlasse. Ferien sind so eine Zeit; da kann ich mich vom üblichen Tun
verabschieden.
Das was vorher war entschwindet, ich lasse es los und tauche ein in die Pause, wo ich erst einmal nichts tue.
Und dann kommt der spannende Moment, wo mein Tun eine neue Form bekommt, wo das was auf der Matte passiert ist in meinem Alltag wichtig und nützlich wird.
Es ist «Lebenskunst» und Kunst braucht Zeit und Distanz.
Welche Fragen sind denn geeignet?
Die wichtigste ist sicher diejenige, die in den eigenen Vordergrund kommt.
Was zeigt sich aus der Distanz an deinem Gedanken-Himmel?
Was findest du an Gefühlen, in deinen Gedanken, in deinem Tun, das in deinem Alltag Relevanz, Wichtigkeit und Nutzen bekommt?
Welche neuen Dimensionen hat deine Gefühls-Landschaft bekommen?
Hast du neue Wege gefunden, das Zusammenleben mit deinen Mitmenschen aktiver zu gestalten?
Und so weiter – und so weiter – und so weiter …
Auch wenn die aktuelle Sommerpause bald vorbei ist, gibt es immer wieder Zeit für Pausen, für kürzere oder längere Abschiede vom üblichen Tun.
So wünsche ich viel Vergnügen und Freude beim Entdecken von Fragen in den zukünftigen Pausen-Zeiten!