Kraftvoll aus der Mitte handeln

«Niemand weiss, wie weit seine Kräfte gehen, bis er sie versucht hat.»

Johann Wolfgang Goethe (1749–1832)

 

 

Die Bewegungspädagogin Dore Jacobs (1894–1979) sagt es in ihrem Buch «Die menschliche Bewegung» so:

 

«Ein Organismus ist keine Maschine. Eine Maschine wird durch Schonung erhalten und durch Gebrauch abgenutzt; ein Organismus wird durch Gebrauch erhalten und entwickelt, und er verkümmert durch Untätigkeit.»

 

 

Bei beiden Zitaten wird als Quelle von Kraft das eigene Tun angesprochen und damit ebenso die Arbeit an der eigenen Bewegungsfähigkeit, dies nicht nur im körperlichen Sinn.

 

Die nächste Frage ist die, wo wir die Quelle für unsere Kraft wecken und was wir darunter verstehen. Ob das die physischen Kräfte sind – die sanfteren oder die kräftigeren – oder ob wir damit auch unsere weiteren Möglichkeiten verstehen wollen.

 

Wir konzentrieren uns in der Feldenkrais-Arbeit auf die Arbeit an und mit unserer Bewegung. Darüber mehr Klarheit für uns zu gewinnen, kann zu einem grösseren Verständnis für unser ganzes Selbst führen. Unser Handeln beginnt im Gehirn mit den Gedanken darauf was wir tun wollen. Stabiles und verlässliches Handeln beginnt im körperlichen Zentrum.

 

Zum besseren Verständnis sei hier etwas Anatomie angesprochen:

Die Beine und Füsse sind mit der starken Muskulatur im Becken und in den Hüftgelenken verbunden, von da aus geht die muskuläre und auch die skelettale Verbindung bis hoch hinauf in den Brustkorb und bis zum Kopf. Das Skelett bildet unser Gerüst für Stabilität; die Muskeln sind die lenkenden Elemente, die uns die Verbindung durch unseren Körper und die Kommunikation mit der Aussenwelt ermöglichen.

 

Aus diesen Verbindungen schöpfen wir die Kraft für unser tägliches, leichteres Tun. Dies ebenso für unser Atmen, was an sich eine Bewegung ist und auch für unser Ruhen, bei dem immer Bewegung der Organe stattfindet.

 

Jedes Verstehen geschieht durch das Kennenlernen. Wir können unser Zentrum nicht einfach «herstellen»; aber durch neugieriges und geduldiges Ausprobieren wagen wir Experimente in uns fremden Gebieten.

 

 

So schaffen wir aus eigener Kraft das Gefühl von Ganzheit, und sei es nur in einer kleinen Umgebung – vielleicht eben, dass uns die Beine besser tragen und wir kraftvoller gehen, dass wir Lasten leichter transportieren oder dass wir auf Widerstand von aussen gelassener reagieren.

 

Unser Gehirn erfährt Erweiterung und wir Vergrösserung unserer Perspektive.

 

Trainieren heisst sich auf den Weg zu machen bis alles leichter, genussvoller, kräftiger und lebenswerter wird.

 

 

Oktober/November 2025