Leichtigkeit im Alltag

«Wir ertragen es auf einer tief unbewussten Ebene nur schlecht, wenn wir die Dinge nicht bis zum letzten Zipfel im Griff zu haben brauchen, wenn etwas auch mühelos zu haben ist – ja, eigentlich nur mühelos zu haben ist.»

 

 

Ich stelle das Zitat des Geigers Volker Biesenbender aus seinem Buch «Von der unerträglichen Leichtigkeit des Instrumentalspiels» aus diesem Grund an den Beginn meiner Gedanken zu «Leichtigkeit im Alltag», weil ich tief davon überzeugt bin, dass unser Körper unser Instrument ist, der uns ein müheloses Spiel ermöglicht und zu leben lehrt.

Mit «Körper» meine ich den physischen Körper, unseren Leib, miteingeschlossen unsere Gefühle, Gedanken und Empfindungen – unser ganzes Selbst.

 

Meine Gedanken dazu sind Fingerübungen und nicht vollständig. Es sind Anstösse, wie Leichtigkeit im Alltag für uns selbst erfahrbar und zunehmend erreichbar werden kann.

«Leichtigkeit» als Phänomen, von dem wir oft glauben, es nicht zu kennen und alles mit Kraft, Willen und Anstrengung erreichen zu müssen.

 

 

Was könnten Zeichen von Leichtigkeit sein? Dazu ein paar Stichworte:

 

Das Gehen «passiert einfach», die Gedanken fliessen und werden klarer.

Eine kraftfordernde Arbeit fühlt sich als «richtig» und «schön» an. Müdigkeit zeigt sich ohne Erschöpfung.

 

Eine anstehende Entscheidung zeigt sich als willkommene Herausforderung, die dazu anspornt, die besten Lösungen zu finden.

 

Nichts zu tun ist der Moment, die Seele baumeln zu lassen. Im Gehirn entstehen dabei neue Verknüpfungen, die Unerwartetes hervorbringen.

 

 

Wie kann Leichtigkeit erreicht werden?

 

Eine Aufgabe zu lösen wird leichter, wenn dabei auf leichte Art und Weise Veränderungen mit ins Spiel kommen. 

 

Zum Ausprobieren: die Zähne mit der unüblichen anderen Hand zu putzen, dabei an einen anderen Ort als in den Spiegel zu schauen, sich sein Lieblingslied vorzustellen … Ist danach die Putzerei leichter oder lieber geworden?

Wie wäre es also, den inneren Schalk zu wecken, etwas auf andere als die gewohnte Art zu tun, etwas das sich schief und erst mal schräg anfühlt, wo gelacht werden kann und wo ich meinen Kopf schüttle bei der seltsamen Idee? 

 

Vielleicht so: sich beim nächsten anstehenden Gespräch einen farbigen Schal umzulegen, sich etwas schräg zum Partner zu setzen, beim Sprechen und beim Zuhören zu lächeln … wie ist das Gespräch gelaufen? Welche Lösungsansätze sind entstanden?

 

Feldenkrais bietet uns in seinen Lektionen diese Herangehensweise an; er spricht andauernd davon, dass alle Bewegungsvariationen leicht gemacht werden sollen.

 

Hier ist es, das vergnügliche Experimentieren mit Variationen, das uns eine veränderte Sichtweise ermöglicht und Leichtigkeit entstehen lässt.

 

 

August/September 2025